Unsere Infothek
Aktuelle Nachrichten

Infothek

Zurück zur Übersicht
Recht / Arbeits-/Sozialrecht 
Mittwoch, 04.12.2024

Lehrende Tätigkeit als Dozent an einer Volkshochschule - Sozialversicherungspflicht immer einzelfallabhängig

Ob Lehrende sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, ist von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig. Es gibt keine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre. So entschied das Bundessozialgericht (Az. B 12 BA 3/23 R).

Die klagende Volkshochschule bietet unter anderem Kurse zur Vorbereitung auf die Erlangung eines Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg an. Der beigeladene Student vereinbarte mit ihr die Erteilung von Unterricht im Rahmen solcher Kurse in Recht und Politik. Nach den Vertragsbedingungen der Klägerin war ein Weisungsrecht ausgeschlossen. Die Klägerin stellte die Unterrichtsräume zur Verfügung und stimmte die Unterrichtseinheiten zeitlich mit dem Beigeladenen und den anderen Dozenten ab. Den Unterricht gestaltete der Beigeladene selbstständig. Er übermittelte regelmäßig eine Leistungseinschätzung für die einzelnen Schüler an die Fachbereichsleitung, die diese in einer Art Zwischenzeugnis von allen Lehrenden zusammenstellte. Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund stellte Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung fest. Das Sozialgericht hat die Bescheide aufgehoben. Das Landessozialgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Für die Zeit vor Juni 2022 habe es eine maßgebliche höchstrichterliche “Sonderrechtsprechung“ gegeben, nach der lehrende Tätigkeiten grundsätzlich als selbstständige Tätigkeiten zu beurteilen gewesen seien (Bundessozialgericht, Urteil B 12 KR 26/02 R). Erst durch das Urteil vom 28. Juni 2022 (Az. B 12 R 3/20 R) sei eine Änderung eingetreten. Auf davor liegende Zeiträume seien die vermeintlich geänderten Grundsätze nicht übertragbar.

Dem hat das Bundessozialgericht widersprochen und das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben. Nach den maßgeblichen Verhältnissen des Einzelfalls war hier der Beigeladene aufgrund Beschäftigung jedenfalls in der Zeit vom 7. August 2017 bis zum 22. Juni 2018 versicherungspflichtig beschäftigt. Hinsichtlich der späteren Zeiträume hat das Bundessozialgericht den Fall zur Durchführung weiterer Ermittlungen an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Während selbstständige Lehrer, die der Rentenversicherungspflicht unterliegen, ihre Beiträge selbst tragen müssen, werden die Beiträge im Fall der Beschäftigung von den Versicherten und den Arbeitgebern grundsätzlich zur Hälfte getragen. Auch wenn die Klägerin geltend macht, durch die Beitragszahlung für vergangene Zeiträume gegebenenfalls unzumutbar zusätzlich belastet zu werden, vermöge allein dies einen Vertrauensschutz nicht zu begründen. Eine gefestigte und langjährige Rechtsprechung, wonach eine lehrende Tätigkeit – insbesondere als Dozent an einer Volkshochschule – bei entsprechender Vereinbarung stets als selbstständig anzusehen wäre, existiert nicht. Daher kann sich die Volkshochschule auch nicht auf den Fortbestand einer früheren Rechtsprechung berufen. Entscheidungen über das Vorliegen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen beruhen stets auf einer Einzelfallbeurteilung.

Zurück zur Übersicht

Die Fachnachrichten in der Infothek werden Ihnen von der Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG zur Verfügung gestellt.