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Steuern / Verfahrensrecht 
Mittwoch, 14.05.2025

Zur Zugangsvermutung bei regelmäßig zustellungsfreien Tagen im Wohngebiet des Bekanntgabeadressaten

Der Umstand, dass der vom Finanzamt beauftragte Postdienstleister an der Anschrift des Bekanntgabeadressaten an einem Werktag innerhalb der Drei-Tages-Frist keine Zustellungen vornimmt, steht der Zugangsvermutung in § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (Bekanntgabe des Verwaltungsakts) nicht entgegen. Dies entschied der Bundesfinanzhof. Dies gelte auch dann, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Tagen keine Postzustellung erfolgt, weil der zustellfreie Tag an einen Sonntag grenzt (Az. VI R 18/22). Seit dem 01.01.2025 gilt gem. Postrechtsmodernisierungsgesetz eine Vier-Tages-Vermutung.

Im Streitfall erließ das beklagte Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid für 2017 am Freitag, dem 15.06.2018, welcher am selben Tag noch zur Auslieferung an die Klägerin an ein Postdienstleistungsunternehmen übergeben wurde. Dieses stellte die Post im Wohngebiet der Klägerin nur an maximal fünf Arbeitstagen der Woche zu. Die Klägerin war berufsbedingt bis zum 19.06.2018 (Tag der Rückkehr) von ihrer Wohnung abwesend. Die Klägerin übersandte den Steuerbescheid am 19.06.2018 per Fax an eine Steuerberatungsgesellschaft. Diese legte am 19.07.2018 im Namen der Klägerin Einspruch ein und gab an, dass der Bescheid am 19.06.2018 eingegangen sei. Das Finanzamt verwarf den Einspruch als unzulässig. Die Zugangsvermutung innerhalb der 3-Tages-Frist werde durch den Vortrag der Klägerin nicht erschüttert, daher sei die Einspruchsfrist am 18.07.2018 abgelaufen. Der hiergegen erhobenen Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg wurde stattgegeben.

Der Bundesfinanzhof hob die Entscheidung des Finanzgerichts auf und wies die Klage ab. Bestreite der Steuerpflichtige nicht den Zugang des Schriftstücks, sondern behauptet er lediglich, es nicht innerhalb der Drei-Tages-Frist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO erhalten zu haben, habe er sein Vorbringen im Rahmen des Möglichen zu substanziieren, um Zweifel an der Drei-Tages-Vermutung zu begründen. Er müsse Tatsachen vortragen, die den Schluss zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische – Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post – ernstlich in Betracht zu ziehen ist. Ein einfaches Bestreiten genüge nicht.

Der Einkommensteuerbescheid gelte für das Streitjahr als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post – hier am 18.06.2018 – als bekanntgegeben. Vorliegend habe die Klägerin die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht erschüttert. Der Umstand, dass der Postdienstleister an der Anschrift des Bekanntgabeadressaten an einem Werktag innerhalb der Drei-Tages-Frist keine Zustellungen vornimmt, stehe der Zugangsvermutung in § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht entgegen.

Hinweis

Mit dem Postrechtsmodernisierungsgesetz hat der Gesetzgeber im Jahr 2024 die (Post-)Laufzeitvorgaben für Briefe um einen Tag verlängert. Des Weiteren hat der Gesetzgeber die Abgabenordnung an die geänderten Laufzeitvorgaben angepasst. D. h., statt der Drei-Tages-Vermutung für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten gilt seit dem 01.01.2025 eine Vier-Tages-Vermutung. Bei der in § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO geregelten Vier-Tages-Vermutung handelt es sich um eine Frist. Diese Frist verlängert sich bis zum nächstfolgenden Werktag, wenn das Ende der Vier-Tage-Frist auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt.

Bei Detailfragen hilft Ihnen Ihre Steuerberaterin oder Ihr Steuerberater.

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