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Steuern / Einkommensteuer 
Donnerstag, 15.05.2025

Studienaufnahme an Fernuniversität - Anspruch auf Kindergeld trotz parallel ausgeübter Erwerbstätigkeit

Wenn Anhaltspunkte für eine reine „Pro-forma-Einschreibung“ bestehen, liegt keine Berufsausbildung vor. Ein Vollzeit-Fernstudium im Studiengang Psychologie stellt bei Zahlung einer monatlichen Studiengebühr von 348 Euro keine „Pro-forma-Einschreibung“ dar, wenn sich aus den Leistungsnachweisen ernsthafte und nachhaltige Lernbemühungen ergeben. Es steht der Kindergeldberechtigung nicht entgegen, wenn das Kind sich in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befindet. Dies entschied das Finanzgericht Münster (Az. 7 K 1522/24 Kg).

Die Tochter des Klägers machte im Jahr 2022 ihr Abitur und meldete sich zum 12.07.2022 bei der Bundesagentur für Arbeit ausbildungsplatzsuchend. Sie war seit Dezember 2022 bis zum Juni 2023 für ein Fernstudium im Studiengang Psychologie in Vollzeit an einer privaten Hochschule eingeschrieben. Die Gebühren betrugen monatlich 348 Euro. Seit November 2022 bis Juni 2023 war die Tochter in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis und bezog in diesem Rahmen ein monatliches Entgelt in Höhe von 2.732,02 Euro (brutto). Die beklagte Familienkasse hob die Festsetzung von Kindergeld nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes auf. Die vorgelegten Unterlagen würden keinen Nachweis auf ein ernsthaftes und nachhaltiges Betreiben des Studiums darstellen. Hiergegen wandte sich der Vater und legte dar, dass seine Tochter als aktive Studentin mehrere Kurse belegt habe.

Das Finanzgericht Münster gab der Klage des Vaters statt. Der Anspruch auf Kindergeld entfalle nicht automatisch, wenn ein Kind neben einer Ausbildung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehe. Nach Auffassung der Richter ist vielmehr entscheidend, ob die Ausbildung ernsthaft betrieben wird und auf ein konkretes Berufsziel ausgerichtet ist. Eine Ausbildungsmaßnahme müsse nicht überwiegend die Zeit und Arbeitskraft des Kindes beanspruchen, um kindergeldrechtlich anerkannt zu werden. Es bestehe insbesondere keine feste formelle Mindestgrenze für den zeitlichen Umfang einer Ausbildungsmaßnahme. Jedoch dürfe keine rein „Pro-forma-Immatrikulation“ vorliegen. Nur wenn durchgreifende Anhaltspunkte für eine reine „Pro-forma-Immatrikulation“ bestünden, liege keine Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG vor. Des Weiteren entschied das Finanzgericht Münster, dass jedes Studium dieselbe Anerkennung genießt – ganz unerheblich, ob an einer staatlichen oder privaten Universität und unabhängig davon, ob es im Präsenzstudium oder an einer Fernuniversität absolviert wird. Der Kindergeldanspruch bleibe bestehen, selbst wenn das Kind in einem Beschäftigungsverhältnis stehe und weiterhin an einer Fernuniversität eingeschrieben bleibe, um den Berufswunsch “Kriminalpsychologin” weiterzuverfolgen. Des Weiteren stellten die Richter klar, dass eine parallele Erwerbstätigkeit des Kindes den Kindergeldanspruch nicht automatisch ausschließt. Entscheidend sei die Ernsthaftigkeit der Ausbildung sowie das konkrete Berufsziel. Nach Auffassung der Richter sei im Streitfall auf Grund der monatlichen Studiengebühr sowie den vorliegenden Leistungsnachweisen von ernsthaften und nachhaltigen Lernbemühungen auszugehen und deshalb Kindergeld zu gewähren.

Hintergrund

Ein volljähriges Kind wird bis zum Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums berücksichtigt. Auch bei einer Zweitausbildung bzw. einem Zweitstudium kann bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Kindergeld gezahlt werden. Hierfür ist aber Voraussetzung, dass das Kind keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgeht.

Hinweis

Die Entscheidung zeigt, dass Eltern darauf achten müssen, dass ihr Kind tatsächlich aktiv an der Ausbildung teilnimmt und diese nicht nur formal betreibt.

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