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Steuern / Verfahrensrecht 
Freitag, 27.06.2025

Ungeklärte Erbenstellung als Rechtfertigungsgrund für einen Erlass von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen?

Der Bundesfinanzhof hat klargestellt, dass der Umstand, dass der Kläger aufgrund der unklaren Erbrechtssituation nicht in der Lage war, die Besteuerungsgrundlagen vor der Feststellung annähernd zu ermitteln bzw. sachgerecht zu schätzen, keine sachliche Unbilligkeit begründet (Az. X R 12/21).

Im Streitfall war der Kläger Erbe zu 1/2 nach dem am 06.10.2012 verstorbenen Erblasser, welcher verschiedene Testamente hinterließ. Nach dem Tod des Erblassers kam es zu Streitigkeiten um die Erbfolge und insbesondere um die Frage, ob der Erblasser bei Abfassung der jeweiligen letztwilligen Verfügungen testierfähig gewesen war. Im Jahr 2018 wurde schließlich ein Erbschein erteilt, der den Kläger – neben zwei weiteren Erben – als Erbe zu 1/2 auswies. Am 09.08.2019 ergingen für die Jahre 2012 bis 2017 sodann Feststellungsbescheide für die Erbengemeinschaft, in denen dem Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitaleinkünfte zugerechnet wurden. Das beklagte Finanzamt erließ am 28.10.2019 geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen u. a. Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung festgesetzt wurden. Der Kläger begehrte den Erlass von Zinsen zur Einkommensteuer 2012 bis 2017 in Höhe von 33.752 Euro aus sachlichen Billigkeitsgründen. Er war der Ansicht, dass er keine Möglichkeit hatte, die Steuern früher auszugleichen. Bis in das Jahr 2019 sei nicht klar gewesen, wer an der Erbengemeinschaft beteiligt sei und wem welche Einkünfte zuzurechnen seien. Ihn treffe an der Verzögerung keine Schuld. Das Finanzamt lehnte einen Erlass ab. Die festgesetzten Zinsen seien eine Gegenleistung für eine mögliche Kapitalnutzung, zumal der Zinsvorteil des Steuerschuldners zugleich einen Zinsnachteil des Steuergläubigers nach sich ziehe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Düsseldorf keinen Erfolg.

Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Auch ein Grundlagenbescheid, der viele Jahre nach Ende des Veranlagungszeitraums erlassen oder geändert wird, könne zu einer Zinspflicht unter Anwendung der Karenzzeit des § 233a Abs. 2 AO führen. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige aufgrund der unklaren Erbrechtssituation nicht in der Lage war, die Besteuerungsgrundlagen früher zu ermitteln bzw. zu schätzen und eine Vorauszahlung auf die zu erwartenden Steuern zu leisten, um eine Zinsentstehung zu verhindern oder jedenfalls zu reduzieren, begründe nach Auffassung der Richter keine sachliche Unbilligkeit. Die Freistellung von der Zahlung der Steuer rechtfertige im Hinblick auf den hierdurch typisierend anzunehmenden Liquiditäts- und Zinsvorteil hinsichtlich der Steuerschuld die Festsetzung von Nachzahlungszinsen. Auf die fehlende Nutzungsmöglichkeit der Nachlassgegenstände durch den Steuerpflichtigen während des Erbscheinverfahrens komme es nicht an.

Ob die Erbscheinerteilung als rückwirkendes Ereignis zu werten ist, ließen die Richter des Bundesfinanzhofes im Erlassverfahren offen.

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