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Steuern / Einkommensteuer 
Mittwoch, 09.07.2025

„30%-Regelung“ in den Niederlanden: Steuerfreistellung des niederländischen Arbeitslohns im Ansässigkeitsstaat Deutschland

Der für eine Tätigkeit im Königreich der Niederlande gezahlte Arbeitslohn eines in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Arbeitnehmers ist lt. Bundesfinanzhof auch insoweit nach Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA-Niederlande 2012/2016 unter Anwendung des Progressionsvorbehalts von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, als der Arbeitnehmer den Arbeitslohn aufgrund der sog. 30%-Regelung steuerfrei erhalten hat (Az. VI R 29/22).

Im Streitfall war der Kläger im Streitjahr 2019 ausschließlich in Deutschland wohnhaft. Als Ingenieur war er bei einem Arbeitgeber in den Niederlanden beschäftigt. Seine nichtselbstständige Arbeit übte er an 157 Tagen in den Niederlanden und an 80 Tagen in Deutschland aus. Er wohnte auch während seiner Tätigkeit in den Niederlanden nicht dort, sondern kehrte arbeitstäglich an seinen deutschen Wohnort zurück (sog. Grenzgänger). Er erhielt von seinem niederländischen Arbeitgeber Arbeitslohn, welcher dabei von der sog. 30%-Regelung Gebrauch machte. Hiernach kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach niederländischem Recht, ohne Nachweis tatsächlich entstandener Kosten, 30 % seines Arbeitslohns steuerfrei auszahlen. Das beklagte Finanzamt sah diese Freistellung jedoch als tatsächliche Nichtbesteuerung i. S. v. § 50d Abs. 9 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an und rechnete die Bezüge zum deutschen Einkommen hinzu. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz – vor dem Finanzgericht Düsseldorf – keinen Erfolg.

Die Richter des Bundesfinanzhofs dagegen gaben der Klage statt. Die sog. 30%-Regelung im Streitfall gründe auf der Annahme, dass Arbeitnehmern, die eine Tätigkeit bei einem niederländischen Arbeitgeber aufnehmen und zwecks Ausübung ihrer Tätigkeit in die Niederlande umziehen oder täglich vom Ausland in die Niederlande reisen, zusätzliche Kosten entstehen, weil die Lebenshaltungskosten in den Niederlanden höher als im Heimatland seien. Diese sog. extraterritorialen Kosten könne der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer entweder gegen Einzelnachweis steuerfrei erstatten oder – wie im Streitfall – stattdessen ohne Nachweis pauschal abgelten und 30 % des Arbeitslohns steuerfrei auszahlen. Damit handele es sich bei der 30% Regelung nicht um eine persönliche oder sachliche Steuerbefreiung, die eine tatsächliche Nichtbesteuerung bewirke, sondern um die pauschalierte Erstattung von steuererheblichen Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Von einer Nichtbesteuerung im Sinne von Art. 22 Abs. 1 Buchst. a DBA-Niederlande könne auf Grund einer solchen aufwandsentlastenden Steuerfreistellung wie bei Freibeträgen und steuermindernden Vorschriften im Rahmen der Einkommensermittlung daher keine Rede sein. Somit sei der in den Niederlanden nach Anwendung der 30%-Regelung von der Besteuerung freigestellte Teil des Arbeitslohns bei der Ermittlung der deutschen Bemessungsgrundlage nicht, sondern nur beim Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.

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